Daniel Bischof

Dr. phil – Psychoanalytiker

Fachpsychologie für Psychotherapie FSP

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Man hat soviel mehr Kräfte als Worte in sich!

In Robert Musils Theaterstück ‚Die Schwärmer‘ prägt Thomas den Satz „Man kommt nie aus dem Vorgezeichneten heraus. Manchmal ist mir, als wäre alles schon in der Kindheit beschlossen gewesen. Steigend, kommt man immer wieder an den gleichen Punkten vorbei, dreht sich über dem vorgezeichneten Grundriss im Leeren. Wie eine Wendeltreppe.“ Diese Worte führen vor Augen, wie stark unser Leben von Erfahrungen und Zurechtlegungen geprägt ist, die sich im Lauf unserer ersten Lebensjahre in uns eingenistet haben. Der Versuch, „dem Vorgezeichneten“ zu entkommen ist nicht einfach. Die kräftigen Stützmassnahmen gegen den Schmerz des Erlebten wollen keine unsicheren Experimente wagen. Der Einspruch dagegen kann enorm sein. Und doch: Soll unser Leben eine Wendeltreppe sein, deren Anstieg nicht allein durch die Jahrringe definiert ist, ist ein Betreten der terra incognita oder sogar prohibita unumgänglich. Wenn alles „schon in der Kindheit beschlossen worden ist“, heisst das, man wird auf dem Weg der Veränderung auf eine Beschluss-Gewalt treffen, die versuchen wird, einem die Unmöglichkeit des Unterfangens zu zeigen. Man wird sich zeitweise verunsichert, in Frage gestellt und fragil fühlen. Man wird sich fragen, ob es alles der Mühe wert ist. Das sind unter Umständen keine rhetorischen Fragen, denn das Leben in eigener Bestimmung ist nicht notwendigerweise ein leichtes Leben. Menschen, die nach fremder Bestimmung leben, werden einem möglicherweise kopfschüttelnd umgehen. Der Reiz besteht darin, etwas zu finden, was nicht vorgezeichnet oder vorhersehbar ist. So sagt Maria, die Frau von Thomas: „Aber glücklich kann man nur durch etwas Unberechenbares sein; durch etwas Unvorhergesehenes; das einem gerade so einfällt und da ist und vielleicht gar nicht richtig ist. … Man hat soviel mehr Kräfte als Worte in sich!“ Sich den unberechenbaren und unvorhergesehenen Kräften zu überlassen, braucht Mut, damit sie irgendwann zu Worten werden.